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So macht Arbeit gesund

Die Digitalisierung macht viele Jobs flexibler, gleichzeitig lassen sich Berufs- und Privatleben schwerer trennen. Wie können Mitarbeiter und Arbeitgeber damit gesund umgehen? Darüber diskutierten Unternehmer, Psychologen und Gesundheitsexperten am 17. Juli in Wiesloch.

Kalendereintrag
Podiumsdiskussion

Mobile Büros ohne Schreibtische oder gleich zu Hause von der Couch aus: Dank der Digitalisierung waren Mitarbeiter noch nie so flexibel wie heute. Ständige Bereitschaft und Erreichbarkeit sorgen gleichzeitig für mehr Belastung. Allein in den letzten drei Jahren gingen im Schnitt 71.000 Menschen wegen psychischer Erkrankungen in Frührente, zeigt eine Auswertung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

„Die Technik schafft neue Möglichkeiten, aber sie verleitet auch dazu, dass alles immer schneller gehen muss und kein Ausgleich mehr stattfindet. Deshalb braucht es klare Regeln zu Austausch und Erreichbarkeit“, sagte Sandra Ophüls, Leiterin des Beruflichen Trainingszentrums (BTZ) der SRH am Mittwoch (17. Juli) in Wiesloch.

Das BTZ unterstützt Menschen nach psychischen Erkrankungen dabei, beruflich wieder einzusteigen. Das Unternehmen hatte Experten aus Wirtschaft, Psychologie und Arbeitsmedizin sowie Unternehmer zur Diskussion eingeladen: Wie muss der Arbeitsplatz der Zukunft aussehen, damit Mitarbeiter auch im Stress gesund bleiben?

„Entscheidend ist der Sinn, den ich in meiner Arbeit sehe“, sagte Regina Laudel vom Mainzer Institut für Arbeitsfähigkeit. Sie setzte in einem Vortrag erste Impulse und nahm die Zuhörer dafür mit in das „Haus der Arbeitsfähigkeit“: Gesundheit und Kompetenzen als Fundament, Arbeit und Führung bilden das Dach. In der Mitte wird das Haus zusammengehalten von Werten, Motivation und Einstellungen. „Dieses Stockwerk ist das wichtigste: Sinn motiviert und sorgt dafür, dass wir Arbeit als machbar empfinden – oder eben nicht, wenn er fehlt.“

Das hat der ehemalige Bankkaufmann erlebt, der als Absolvent des BTZ auf dem Podium saß. „Nach einer Umstellung im Unternehmen haben Druck und Kontrolle stark zugenommen, ich konnte immer weniger selbst gestalten. Dann kam der Burnout.“ Er fand Halt darin, aktiv zu bleiben. „Im BTZ habe ich gelernt, anders mit Herausforderungen umzugehen. Ich konzentriere mich auf das, was ich ändern kann.“ Mit dieser Einstellung hat er in einer Immobilienfirma Fuß gefasst.

Doch die eigenen Bedürfnisse im Blick zu behalten, wird in einer digitalen Arbeitswelt nicht einfacher. Dr. Karin Laudien vom Sozialmedizinischen Dienst der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg machte deshalb auf die Prävention aufmerksam: „Es gibt Rückenkurse zur Vorsorge bei langem Sitzen. Wer viel am Bildschirm arbeitet, kann lernen, die Augen zu entspannen. Das alles kann man sich fördern lassen, das wissen viele aber nicht!“

Gerade bei psychischen Erkrankungen sei noch viel Aufklärung nötig, bekräftigte Friedrich Schmitt von der Krankenkasse AOK. „Wir schulen Führungskräfte, wie sie Überlastung bei Mitarbeitern rechtzeitig erkennen und sie optimal unterstützen.“ Wege zu solchen Lösungen zeigte Daniela Bauer vom betrieblichen Eingliederungsmanagement der BASF. „Wir schauen, wo jemand seine Fähigkeiten anders einbringen kann. Dazu tauschen sich Mitarbeiter, Führungskraft und Personalabteilung aus.“

Der Austausch untereinander sei neben dem Sinn und den richtigen Gesundheitsangeboten der dritte entscheidende Faktor, sich bei der Arbeit wohlzufühlen, fasste BTZ-Geschäftsführer Franz-Thomas Gann die Erkenntnisse zusammen. „Es gibt viele Lösungen, wir müssen sie nur kennen!“ Der BTZ-Talk war dafür schon mal ein guter Anfang.