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So macht Arbeit gesund

Wie Unternehmen und Mitarbeiter gut mit psychischer Belastung umgehen, diskutierten Experten und BTZ-Absolventen beim Talk in Wiesloch.

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So macht Arbeit gesund

„Entspannung in der Karibik? Bei einer Depression nützt das nichts. Da haben Sie höchstens eine tropische Depression.“ Prof. Dr. Birgit Janssen muss es wissen. Die Psychiatrie-Chefärztin an der LVR-Klinik Langenfeld behandelt seit Jahren Menschen mit psychischen Erkrankungen. Ihre Erkenntnis: Arbeit kann zwar krank machen. Aber die richtige Arbeit kann auch entscheidend dabei helfen, wieder gesund zu werden.

Wie gelingt psychische Gesundheit am Arbeitsplatz? Das zeigte Prof. Janssen beim BTZ-Talk am Mittwoch (4. Juli). Bei der Gesprächsrunde des SRH Beruflichen Trainingszentrums Rhein-Neckar (BTZ) diskutierten Experten aus Medizin, Wirtschaft und beruflicher Rehabilitation mit den Moderatoren Barbara Amann von arbeitsgut.de und Werner Höhl vom BTZ. Immer mehr Unternehmen müssen Wege entwickeln, mit Überlastung umzugehen.

„Jeder zehnte Fehltag hat mittlerweile psychische Ursachen“, sagte Prof. Janssen. Gründe sieht sie auch in der modernen Arbeitswelt. „Bei vielen Jobs wissen wir gar nicht mehr, für wen wir sie machen, zum Beispiel im Callcenter. Die Märkte sind in der Globalisierung unübersichtlicher geworden, Überforderung nimmt zu. Auf der anderen Seite hat Arbeit meist auch eine anti-depressive Wirkung.“ Eine klare Struktur, Wertschätzung und Kommunikation nannte die Ärztin als entscheidende Faktoren.

Die Arbeitsbedingungen und die Vorgesetzten spielten eine entscheidende Rolle, ob eine Arbeit gesund mache, bestätigte eine Absolventin des BTZ Frankfurt. Als Diätassistentin einer Rehaklinik nahm sie immer mehr Aufgaben und Verantwortung an, bis sie sich zwischen den Anforderungen gegenüber Team und Vorgesetzten aufgerieben hatte. Heute arbeitet sie an der Ostsee und kann in der Mittagspause auch mal am Strand spazieren gehen. „Ich habe keine Leitungsverantwortung mehr und suche mir bewusst Ausgleich nach dem Stress.“

Christian Hassa, Leiter des Altenzentrums St. Bonifatius in Limburgerhof setzt gezielt Farben ein, um in einem Zentrum für Demenzkranke die Atmosphäre für Bewohner und Mitarbeiter angenehm zu gestalten.

„Wir wollten Klarheit, Orientierung und Ruhe vermitteln. Grelles Licht auf weiße Wand ist da kontraproduktiv. Es hat sich gezeigt: Die Bewohner werden gesünder und die Mitarbeiter kommen weniger in Stress, wenn wir etwa Blau einsetzen“, so seine Erfahrung. Doch Farben allein reichen nicht. „Ich trete Menschen so gegenüber, dass sie wissen, dass sie wichtig sind. Klarheit in Beziehungen zwischen Chef und Mitarbeiter ist ein Erfolgsfaktor.“

Unternehmen sind dabei nicht auf sich allein gestellt: Das Programm „Integration plus“ unterstützt im BTZ Stuttgart Mitarbeiter nach psychischen Erkrankungen direkt am Arbeitsplatz und coacht Arbeitgeber. Entwickelt wurde es mit der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV). „Hier hat sich gezeigt: Am Arbeitsplatz, direkt im Alltag lässt sich viel erreichen, um erfolgreich wieder einzusteigen“, sagte Anja Durst vom Sozialmedizinischen Dienst der DRV. Deshalb wollen DRV und BTZ das Programm ausweiten.

„Psyche kommt vom griechischen Wort für Atem, Lebenskraft“, schloss BTZ-Geschäftsführer Franz-Thomas Gann die Talkrunde. „In der Hektik des Alltags ist es wichtig, zur Ruhe zu kommen und durchzuatmen.“ So ist auch wieder der Karibikurlaub sinnvoll.